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Wie nachhaltig ist die deutsche Landwirtschaft?

Die deutsche Landwirtschaft wird vielfach als hochproduktiv, effektiv und export-orientiert beschrieben. Letzteres unterstellt, daß in Deutschland und damit auch in der EU ein Überschuss an landwirtschaftlichen Gütern produziert wird, und unterstellt damit implizit, daß die Landwirtschaft die Ernährung der Bevölkerung, in Deutschland aber auch in der EU übererfüllt.

Die Realität liegt weit weg von dieser Beschreibung.

Um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen, ist die Versorgung mit Eiweiß, mit Energie in Form von Kohlehydraten und Fetten, sowie mit Mineralstoffen, Vitaminen, Rohfaser und mit weiteren nützlichen Stoffen notwendig. Selbst wenn aber beispielsweise Kiwis aus Neuseeland nicht als Vitamin C-Quelle zur Verfügung stünden – frische Kartoffeln enthalten auch hohe Konzentrationen an Vitamin C.

Eiweiß ist in der Ernährung zentral; es wird durch tierische Produkte wie Fleisch, Milcherzeugnisse oder Eier, aber auch durch pflanzliche Produkte, vor allem Leguminosen wie Buschbohne, Dicke Bohne Linsen oder Erbsen zur Verfügung gestellt.

Die EU und Deutschland sind nun aber ausgeprägtes Eiweiß-Importgebiet. Die landwirtschaftliche Milchproduktion, Fleischproduktion und Eierproduktion hier sind in hohem Maße abhängig von den Sojaimporten aus den USA, Südamerika und Afrika. Umgerechnet rund 40 Millionen Tonnen Sojabohnen werden als ganze Bohne, Schrot oder Mehl in die EU importiert, nach Deutschland davon umgerechnet knapp 7 Millionen Tonnen Sojabohnen. Die Importe werden als Tierfutter benötigt und sie sind im letzten Jahrzehnt erheblich angestiegen.

Ohne die Sojaimporte gäbe es in der EU eine gravierende Eiweißmangelernährung. Was wäre, wenn die Importe ausblieben, sei es aufgrund von Missernten, sei es, weil der Preis für Sojaprodukte aufgrund der wachsenden Nachfrage aus China in die Höhe schnellte, sei es, weil die Exportländer sich zu einem Kartell zusammenschließen und die Sojaexporte künstlich verknappten? Die Folge wäre eine Hungersnot oder zumindest eine gravierende Eiweißmangelsituation. Die angeblich so leistungsfähige deutsche Landwirtschaft ist zur Ernährung der Bevölkerung in hohem Maße auf Importe angewiesen.

Nimmt man für den Anbau von Soja in Europa, realistischerweise einen mittleren Ertrag von 2 Tonnen/ha an, so wären für einen ausreichenden europäischen Sojaanbau ca. 20 Millionen ha Ackerland notwendig, 150 Prozent der gesamten deutschen Ackerfläche.

So ist die EU-Landwirtschaft höchst verwundbar. In Deutschland werden auf rund 20 Prozent der Ackerfläche „Energiepflanzen“ angebaut, statt sich auf den Anbau von Nahrungsmitteln zu konzentrieren. Der Anbau von Mais zur Biogas/Stromgewinnung, der allein ca. 10 Prozent der deutschen Ackerflächen belegt, ist energetisch und ökologisch ein Zuschußgeschäft.

Wie sähe der Gegenentwurf aus?

Der Anbau von einheimischen Eiweißpflanzen würde wieder zu einem festen Bestandteil in der Ackerfruchtfolge, also der Anbau von Leguminosen – die Sojabohne selbst ist auch eine Leguminose – wie Kleearten, Luzerne, weiße und gelbe Lupine, Ackerbohne und Erbse. Diese Arten haben einen hohen Eiweißgehalt und es können hohe Eiweißerträge je Flächeneinheit erwirtschaftet werden. Deswegen sind diese Feldfrüchte in gut geführten ökologischen Betrieben unverzichtbar.

Die einheimische Gelbe Lupine hat beispielsweise ähnlich hohe Eiweißgehalte und Eiweißqualitäten wie die Sojabohne, allein die gelbe Lupine wird seit mehr als 60 Jahren kaum noch züchterisch bearbeitet, also 60 Jahre Zucht für die Ertragsverbesserung und die Verbesserung der Anbaueigenschaften fehlen.

Eine deutsche Landwirtschaft kann aus eigener Kraft nicht die Ernährung der Bevölkerung sicherstellen. Die Verantwortung für diesen Zustand liegt nicht in der Landwirtschaft; der Staat hätte die Rahmenbedingungen beispielsweise durch die ausgeprägte Förderung der Leguminosenzucht in staatlichen Einrichtungen verbessern können.

Die Tatsache, daß ca. 20 Prozent der Mastschweine exportiert werden, in gewissem Maße auch Milchprodukte exportiert werden, ändert nichts an der gravierenden Eiweißlücke in Deutschland und in der EU.

Die Soja-Importe haben erhebliche Umweltwirkungen.

Seit Jahrzehnten wird den Böden in Deutschland im Mittel ca. 100 kg/ha an Stickstoff (N) mehr zugeführt, als durch die Pflanzen aufgenommen wird. Es besteht also ein N-Überschuss von jährlich 100 kg N/ha.

Bei der Umsetzung des Stickstoffs aus dem Sojabohneneiweiß in den landwirtschaftlichen Nutztieren und dann in den Böden wird das N vor allem als Ammoniak/Ammonium freigesetzt und dann weiter zu Nitrat umgesetzt. Letztlich landet ein Teil des Stickstoffs aus der importierten Sojabohne als Nitrat im Grundwasser.

Rechnet man mit einem Verbrauch an Sojabohnen in Deutschland von 7 Millionen Tonnen jährlich, weiterhin mit 42 Prozent Roh-Protein im Soja und einem Kjelldal-Umrechnungsfaktor von 5,71 und mit 16 Millionen ha landwirtschaftlicher Nutzfläche in Deutschland, so stammt rund ein Drittel des Stickstoffüberschusses von ca. 100 kg N/ha jährlich aus den Sojaimporten. Dabei wird das Soja vor allem in den Regionen mit intensiver Tierhaltung oder in industriellen Großanlagen eingesetzt, also regional konzentriert. Die Sojaimporte tragen also in hohem Umfang zu den regional hohen Nitratgehalten im Grundwasser bei.

Ein weiterer Aspekt der globalisierten Sojatransporte ist langfristig von noch größerer Bedeutung.

Mit den Sojaimporten wird der im Korn befindliche Phosphor (P) mit nach Europa gebracht, für Deutschland werden damit zusätzlich rund 18.000 Tonnen P importiert. Und diese werden fast ausschließlich auf schon mit P hoch versorgte Ackerböden ausgebracht. Nun ist P derjenige unter den essentiellen pflanzlichen Hauptnährstoffen, dessen Rohstoffreserven weltweit ausgesprochen knapp sind. Gleichzeitig ist P in den Böden der Exportländer, vor allem in tropischen und subtropischen Böden in starkem Mangel.

In deutschen Ackerböden dagegen sind mittlerweile rund 8 Tonnen P/ha im Mittel angereichert (Gocke et al., 2021, J. Plant Nutr. Soil Sci., 184, 51- 64).

Wir konstatieren also eine Situation, bei der mit den globalen Sojatransporten große P-Mengen aus schon P-verarmten Böden in die Importländer mit überreichen P-Mengen importiert werden. Da auch in den hoch versorgten deutschen Böden die P-Mengen sehr „verdünnt“ vorliegen, lohnt sich ein P-Abbau aus den Böden hier auch in Zukunft in keinem Fall.

Diese globale P-Umverteilung stellt eine der größten Bedrohungen für die Welternährung dar.

  1. Eine Landwirtschaft, die auf hohe Sojaimporte angewiesen ist, ist nicht leistungsfähig.

  2. Die Sojaimporte tragen in hohem Maße zu den Folgen der N-Überdüngung bei, also zur Nitratauswaschung ins Grundwasser, zur Ammoniak- und Lachgas-Emission in die Atmosphäre.

  3. Die P-Importe durch die Sojabohnen überdüngen schon hoch mit P versorgte deutsche Böden und führen zur weiteren Verknappung der knappen P-Vorräte in den Böden der Soja-Anbauländer.

Die Deutsche Landwirtschaft ist weder aus lokaler noch globaler Sicht nachhaltig.

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