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Plastikmüll, der Verbleib im Boden und die Wirkung auf das Wachstum landwirtschaftlicher Kulturen

Kunststoffmüll, Mikroplastik (<5 mm) und Nanoplastik (1- 1000 nm) fällt als Abfall in großen Mengen jährlich an.


In einem im September 2023 erschienenen wissenschaftlichen Übersichtsartikel in der Zeitschrift Plants (Merszaros et al., 2023, Plants, 12: 3282), der online unter „open access“ kostenfrei verfügbar ist, werden einige bisher bekannte Aspekte zusammengetragen, die die Nachhaltigkeit vor allem landwirtschaftlicher Bodennutzungssysteme bei zunehmender Kontaminierung mit Kunststoffmüll betreffen.


Die wichtigsten Ergebnisse dieses Reviews sind im Folgenden zusammengefasst und in ihrer Bedeutung bewertet. Im Jahr 2022 wurden fast 400 Millionen Tonnen Kunststoffe weltweit produziert. Bis 2060 soll sich diese mehr als verdreifachen, auf mehr als 1,2 Milliarden Tonnen weltweit jährlich, wovon weniger als 10% recyclierter oder biogener Kunststoffmüll sein werden. Hauptproduzent ist aktuell China, mit rund einem Drittel der weltweiten Produktion. Rund ein Drittel des Plastikmülls landet in den Böden, vor allem in landwirtschaftlich genutzten Böden, z.B. durch Hausmüll- oder Grüne Tonne-Komposte oder aber durch Klärschlamm. Wer bisher der Auffassung war, daß in Böden dieser Plastikmüll eher inert ist (Plastikmüll in Gewässern reichert sich durchaus in der Nahrungskette an), wird durch den Übersichtsartikel von Meszaros et al. (2023) eines Besseren belehrt.


Schon Mikroplastik im Boden, also eher grobe Plastikpartikel, wirken auf Pflanzen- und Mikroorganismenwachstum im Boden. Mikroplastik setzt die Pflanzen unter Stress, kann ein Zellgift sein und auf die Photosynthese, sowie die Produktion von Metaboliten einwirken.

Bei den kleineren und vielfach noch weitaus reaktiveren Nanoplastikpartikeln zeigt sich, daß diese von den Wurzeln aufgenommen werden können, in einzelnen Fällen ist sogar der Transport in die oberirdischen Pflanzenorgane, Stengel, Blätter und Früchte, also in die eßbaren Teile nachgewiesen worden. Welche Bedeutung dies hat und ob damit zusammenhängt, daß im menschlichen Blut durchschnittlich 1,6 Mikrogramm Plastik je Liter gefunden werden, ist unklar.


Sicher ist jedoch, daß bei den prognostizierten Steigerungen der Produktion von Plastik sich das Problem für Landwirtschaft und die Bewirtschaftung der Gewässer verschärfen wird.


Die Kontamination mit Plastik ist tatsächlich eine Zeitbombe, die die menschliche Ernährung bedroht.


Warum ist in den westlichen Gesellschaften dies ein marginales, öffentliches Diskussionsthema, genau in den Gesellschaften, in denen Nachhaltigkeit einen vermeintlich so großen Stellenwert hat?


Unter den heutigen Diskursbedingungen gilt, von den USA, über Großbritannien und Frankreich bis nach Deutschland, die Erzeugung von Elektroenergie aus Wind, Sonne und Biomasse als nachhaltig. Die steigende Plastikproduktion ist dabei ein unvermeidbarer Nebeneffekt. Generatoren, Elektromotoren, Solarplatten, Windenergieanlagen benötigen viele und vielfältige Kunststoffe zur Isolierung, als tragende Stoffe und als Träger für Schaltkreise. Die notwenigen Isolatoren aus Stoffen wie Porzellan zu fertigen ist aus einer Vielzahl von Gründen ausgeschlossen. Und die Erhöhung der Recyclingquote von Kunststoffen scheitert an den speziellen Anforderungen an die Kunststoffe in den genannten Anwendungsbereichen; sie würde auch die Trennung der verschiedenen Stoffklassen, Polyterephtalate, Polyethylen, Polystyrol, Polyvinylchlorid und unter Umständen noch weiterer Stoffklassen notwendig machen, was nahezu undurchführbar ist. Dazu kommt, daß die Kunststoffe in den Halbleitern, Isolatoren oder den Trägern vielfach mit geringen Mengen an anderen Elementen versetzt sind, sodaß vielfach allein die Entsorgung durch Verbrennung und Deponierung der Aschereste als Sondermüll möglich ist. In diesem Sondermüll sind dann geringe Mengen von eigentlich wertvollen Elementen, zum Beispiel von Schwermetallen, enthalten, deren Wiedergewinnung durch den hohen Aufwand im Verhältnis zu den gewonnenen Elementmengen nicht gerechtfertigt ist.


Und die Verwendung von Kunststoffen, die aus biologischen Ausgangsstoffen hergestellt werden, hat sicher den Vorteil, daß viele dieser Kunststoffe biologisch abbaubar sind. Die benötigten Mengen aus den verfügbaren Quellen, letztlich Pflanzenrohstoffe von Acker und Grünland, sind so hoch, daß nicht einmal ein kleiner Bruchteil der in Zukunft benötigten Kunststoffe auf diesem Wege hergestellt werden kann.


Wenn die Energieerzeugung in Zukunft, wie in den Phantasien deutscher Regierungspolitiker, vor allem durch Solarplatten, Windanlagen, Generator, und Elektromotor erzeugt und umgewandelt wird, wird der Bedarf an Kunststoffen, weltweit hochgerechnet nicht nur um den Faktor 3 bis 2060 steigen, sondern ein vielfaches davon betragen. Wenn man die stofflichen Dimensionen der deutschen „Energiewende“ betrachtet, so ist damit keine Vorreiterrolle verbunden, sondern eine Rohstoffverschwendung und Plastikmüllbelastung der Umwelt, von dessen Ausmaß wir bisher verschont geblieben sind.


Aus einer Vorreiterrolle Deutschlands bezüglich der Nachhaltigkeit in der Energieerzeugung bleibt damit nichts übrig. Und da nach den bisherigen Daten ca. ein Drittel der Kunststoffe in den Böden landen und hier vor allem aber sicher nicht ausschließlich in den landwirtschaftlich genutzten Böden, stellt sich schon heute die Frage, ob bei steigender Plastikmüllbelastung die Pflanzenerträge noch auf einem für die menschliche Ernährung notwendigen Niveau gehalten werden können?


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