Die Pläne der Bundesregierung, die „Subventionen“ für Agrardiesel abzuschaffen, seien respektlos und „sende das Zeichen an die Landwirte, daß ihre Arbeit nicht ernst genommen werde“, so Schwesig (ndr.de vom 21.12.2023).
Sie sagte in dem Interview laut NDR weiterhin: „Die Subventionen für Landwirte haben einen guten Grund. Ohne die Hilfen des Staates wären Lebensmittel für viele Menschen in Deutschland unerschwinglich.“
Beide Aussagen sind falsch!
Schwesig wird mit den Worten „Subventionen für Agrardiesel“ zitiert. Agrardiesel wird, wie anderer Dieselkraftstoff auch, in Deutschland hoch besteuert. Das Besondere an der Agrardieselsteuerrückerstattung ist, daß erst besteuert wird, und daß dann, im nächsten Jahr, auf Antrag ein Teil der Steuern zurückgezahlt wird. Diese Rückzahlung ist also keine Subvention, wie Schwesig meint, sondern eine reduzierte Besteuerung. Es ist entlarvend, wenn Politiker den Unterschied nicht kennen.
Haben Agrarsubventionen tatsächlich einen Einfluss auf die Nahrungsmittelpreise für den Endverbraucher? Dazu muß man nur den Anteil landwirtschaftlicher Rohstoffe an den Preisen für Nahrungsmittel kennen. Ein Brötchen, beispielsweise kostet mittlerweile zwischen 0,40 und 1,10 EUR. Das darin verwendete Mehl hat den Wert von kaum einen Cent und das seit Jahren recht konstant, während die Brötchenpreise (und Brotpreise) steigen. Für noch stärker verarbeitete Lebensmittel ist der Anteil am Endpreis, den der landwirtschaftliche Rohstoff ausmacht, noch geringer. Und selbst für wenig verarbeitete Produkte wie Mohrrüben beträgt der Anteil am Endverkaufspreis z.B. für frische Mohrrüben kaum 10 - 12 %. Die Haupttreiber der Nahrungsmittelkosten sind die verarbeitenden globalen Lebensmittelkonzerne und der hoch konzentrierte Lebensmitteleinzelhandel. Beide Bereiche profitieren zum einen von niedrigen Preisen für landwirtschaftliche Rohstoffe und beide Bereiche erhalten zum anderen den größten Anteil vom Endpreis der Nahrungsmittel. Tatsächlich würden ohne Agrarsubventionen Landwirte weniger häufig Produkte unter den Gestehungskosten erzeugen. Damit würden die Agrarpreise steigen, ohne daß die Nahrungsmittelpreise steigen müssten. Von den Agrarsubventionen profitieren in erster Linie also Nahrungsmitteleinzelhandel und Nahrungsmittelindustrie.
Und schließlich fordert Schwesig Respekt im Umgang mit Landwirten.
Ist es Respekt gegenüber Landwirten, wenn in den letzten beiden Jahrzehnten ein politisch-bürokratisches Kontrollsystem gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben aufgebaut wurde, das diese unter Generalverdacht stellt und daß zukünftig zu einer Überwachung von 24 Stunden am Tag über 365 Tage im Jahr führt?
Ist es Respekt gegenüber Landwirten, wenn diese nicht mehr selbst über ihre Bewirtschaftung entscheiden dürfen, etwa nicht mehr entscheiden dürfen, ob und wann Grünland umgebrochen wird, wann der Acker umgebrochen wird und wann Stallmist gestreut werden darf? Die Kompetenz der Landwirte wird in Frage gestellt und ein allmächtiger Staat entsteht.
Ist es Respekt gegenüber den Landwirten, wenn auf einer vorgeschriebenen Vierprozent-Stilllegung der Ackerflächen diese noch nicht einmal gepflegt werden dürfen, z.B. durch Mulchen, sodaß sämtliche Regeln einer guten fachlichen Landwirtschaftspraxis außer Kraft gesetzt werden und die Bemühungen von Landwirten zur nachhaltigen Unkrautbekämpfung dadurch verspottet werden?
Der konzertierte und konzentrierte Angriff auf die landwirtschaftlichen Betriebe durch die Erhöhung der Steuern, zusätzliche Bürokratisierung, Zertifizierung und Regulierung ist Zeichen tiefer Respektlosigkeit der Politik gegenüber den Landwirten, ihren Betrieben, Mitarbeitern und Familien und zeigt ein Desinteresse am Weiterbestehen der deutschen Landwirtschaft als Nahrungsmittelerzeuger.
Jörg Gerke, Dezember 2023
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