Bis heute ist die bäuerliche Landwirtschaft im Familienbetrieb in Westeuropa und Teilen Mittel- und Südeuropas das zentrale Wirtschaftsmodell der Landwirtschaft.
Auf der anderen Seite gilt für die Europäische Union (EU) der 27 Länder, daß das eine Prozent der größten Landwirtschaftsbetriebe 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) bewirtschaftet, und daß die drei Prozent der größten Betriebe der EU 50 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Besitz haben. Zusätzlich besitzen die 80 Prozent der kleineren Betriebe nur 14,5 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche (s. agrarian jusitice, the state of land in Europe, vom 14.04.2014).
Es gibt also eine starke Landkonzentration, einen ausgeprägten Großgrundbesitz in Europa. Landwirtschaftlicher Großgrundbesitz betrifft alle Bürgerinnen und Bürger da hier über die Art der Erzeugung und Versorgung von und mit Nahrungsmitteln entschieden wird.
Doch Großgrundbesitz ist nicht erkennbar, wenn die mittleren Betriebsgrößen landwirtschaftlicher Betriebe in einem Land oder in der gesamten EU betrachtet werden. Die mittleren Betriebsgrößen in den Ländern der EU variieren zwischen 3 ha (Zypern) und 152 ha (Tschechische Republik). Großgrundbesitz ist anhand dieser Variationsbreite nicht erkennbar.
Andere Merkmale sind besser geeignet, die ungleiche Landverteilung und die Bedeutung von Großbetrieben zu erkennen; dasjenige Merkmal, welches den Anteil der größten Betriebe an der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsfläche eines Landes darstellt, sowie die durchschnittliche Größe dieser großen Betriebe im Verhältnis zur Durchschnittsgröße aller Betriebe eines Landes. Eine solche Auswertung hat die EU-Behörde EUROSTAT 2011 für alle 27 Mitglieder und zusätzlich der Schweiz und Norwegen vorgelegt (Martins, C. und G. Tossdorff, 2011, Large farms in europe. EUROSTAT, statistics in focus, 18/2011).
Tabelle 1: Mittlere landwirtschaftliche Nutzfläche der größten Landwirtschaftsbetriebe, die 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschaften, ihr Anteil an allen Betrieben, die Durchschnittsfläche aller Betriebe und das Verhältnis größter zu mittlerer Betriebsfläche (Auswertung der Daten von 2007, Martins und Tossdorff, 2011, Auszug)
Tabelle 1 zeigt, daß das Ausmaß an landwirtschaftlichem Großgrundbesitz in einigen Ländern sehr ausgeprägt ist. Je größer die Durchschnittgröße der großen Betriebe, welche 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche einnehmen (im Folgenden als „größte Betriebe“ bezeichnet), je kleiner der Anteil der größten Betriebe an der Gesamtzahl der Betriebe, und je höher das Verhältnis der durchschnittlichen Bewirtschaftungsfläche der größten Betriebe zu der Durchschnittsfläche aller Betriebe, desto größer ist die Landkonzentration, und desto bedeutsamer ist der Großgrundbesitz in einem Land.
Die Durchschnittsgröße der größten Betriebe liegt in Bulgarien, Ungarn, Tschechischer Republik und Slowakei bei über 3.000 ha, in Rumänien etwas unter 2.000 ha. Das Verhältnis der Bewirtschaftungsflächen größter Betriebe zur mittleren Betriebsgröße des jeweiligen Landes liegt in Ungarn, Rumänien und Bulgarien zwischen 400 und mehr als 600. Ganz anders sind bis heute die Strukturen in Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich. Die Durchschnittsgröße der größten Betriebe liegt in diesen Ländern zwischen 100 und 350 ha und das Verhältnis der Betriebsgrößen der größten Betriebe zum Mittelwert aller Betriebe zwischen 5 und 40. Es sind Länder mit einer im Wesentlichen breiten Eigentumsstreuung. Die durchschnittliche Betriebsgröße inDeutschland liegt zwischen beiden Ländergruppen; die größten Betriebe sind auch hier im Mittel über 1300 ha groß.
In der EU gibt es also eine ausgeprägte Großgrundbesitzstruktur. Diese ist aber nicht über alle Länder gleichmäßig verteilt, sondern konzentriert sich mit zwei bemerkenswerten Ausnahmen auf die Länder des ehemals von der Sowjetunion dominierten Ostblocks (COMECON). Hier sind die Großbetriebe, welche 20 Prozentder landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschaften, im Mittel zwischen 1.800 und 4.000 ha groß, hier beträgt die Durchschnittsfläche dieser Großbetriebe das 40 – 600-fache dessen, was alle Betriebe des jeweiligen Landes im Mittel bewirtschaften; hier existiert also eine gravierende Differenz zwischen groß und klein. Dabei sind es in Rumänien, Ungarn und Bulgarien nur 0,04 Prozent der größten Betriebe des Landes, die allein 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschaften. In Rumänien bewirtschaften weiterhin nur ein Prozent der Großbetriebe 50 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche, während 93 Prozent der Betriebe unter 5 ha groß sind und nur 30 Prozent der Nutzfläche zur Bewirtschaftung haben. Auf der einen Seite extremer Großgrundbesitz und auf der anderen Seite Kleinlandwirtschaft und Subsistenzlandwirtschaft; ein nennenswerter Anteil mittlerer Strukturen findet sich kaum, was typisch ist für ehemalige COMECON- Staaten. Solche Strukturen kann man als „neofeudal“ bezeichnen (Klüter, 2012).
Auf der anderen Seite stehen die westlich geprägten Länder West- und Mitteleuropas. Dort ist bis heute der landwirtschaftliche Besitz im Wesentlichen breit gestreut. Die durchschnittliche Flächengröße der größten Betriebe, die 20 Prozent der landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften, liegt in der Regel weit unter 1000 ha, Frankreich 274 ha, Italien 337 ha, Niederlande 135 ha, Österreich 255 ha. Das Verhältnis landwirtschaftliche Nutzfläche (größte Betriebe) : landwirtschaftliche Nutzfläche (Durchschnitt) liegt im Bereich 5-50; beide Parameter deuten das Fehlen ausgeprägten Großgrundbesitzes an.
Die Agrarstrukturen in Europa sind in Bezug auf den Großgrundbesitz zweigeteilt. Deutschland liegt bezüglich der Ausprägung von Großgrundbesitz in der Mitte zwischen beiden Ländergruppen, was sich auch an den statistischen Daten zeigt. Auch in Deutschland sind diejenigen größten Betriebe, welche 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschaften, mit im Mittel 1.391 ha sehr groß. Diese großen Betriebe liegen aber fast ausschließlich in Ostdeutschland, das zu DDR-Zeiten ebenfalls COMECON-Mitglied war. Dagegen gibt es in den westlichen Bundesländern, z.B. Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, nur 4, bzw. 14 Betriebe über 1.000 ha; diese Betriebsgröße ist also in diesen Bundesländern agrarstrukturell bedeutungslos. Zudem lässt sich dieses Mehr an großen Betrieben über 1.000 ha in Niedersachsen gegenüber Nordrhein-Westfalen dadurch erklären, daß nach 1990 ein kleiner Mecklenburger Landstrich mit DDR-Vergangenheit, das Amt Neuhaus, wieder an Niedersachsen gefallen ist, auch mit seinen konservierten Agrargroßstrukturen. Die ehemalige DDR, heute Ostdeutschland, hat eine Agrarstruktur, die anderen Ex-COMECON- Ländern gleicht.
Dieser Zweiteilung Europas in Bezug auf die Großgrundbesitzstrukturen ordnen sich zwei Länder nicht auf den ersten Blick ein: Großbritannien und Polen. In Polen liegt die Durchschnittsgröße der größten Betriebe mit 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche bei 250 ha, einem Wert wie in Westeuropa, während in Großbritannien die Durchschnittsgröße der größten Betriebe bei 2.416 ha liegt, einem Wert in der Größenordnung osteuropäischer Staaten.
Den „Ausreißer“ Großbritannien erklären Martins und Tosstorff (2011) vorschnell damit, daß Großbetriebe hier auf extensive Weidewirtschaft spezialisiert seien („… larger farms specialize in grazing livestock extensively…“). Mag dies ein Ansatz der Erklärung sein, so gibt es jedoch wichtige agrarstrukturelle Unterschiede zwischen Großbritannien und den Ex-COMECON- Staaten. In Großbritannien gibt es, neben einer ausgeprägten Großgrundbesitzstruktur, einen breiten landwirtschaftlichen Mittelstand. Betriebe zwischen 20 und 200 ha bewirtschaften rund 50 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche, sind also für die dortige Agrarstruktur bedeutsam und stellen einen Garant für eine gewisse breite Eigentumsstreuung dar. Dagegen bewirtschaftet beispielsweise in Ungarn dieser landwirtschaftliche Mittelstand mit Betrieben von 20 – 200 ha nur rund 25 Prozent der Nutzfläche; in den anderen hier aufgeführten Ex-COMECON-Staaten ist dieser Mittelstand fast bedeutungslos. Er bewirtschaftet in Tschechien weniger als 10 Prozent, in Rumänien rund 8 Prozent der Nutzfläche.
Polen, ein ehemaliges COMECON-Land, hat eine Betriebsgrößenverteilung landwirtschaftlicher Betriebe, die nahe bei der der westeuropäischen Staaten liegt. In Polen wurde keine umfassende Zwangskollektivierung gegen die Bauernfamilien durchgeführt. Nicht, daß die sozialistischen Machthaber dies nicht versuchten, es war nicht durchsetzbar gegen das Bündnis von Bauern und katholischer Kirche.
Und genau damit werden die Gründe für die Unterschiede in den Agrarstrukturen zwischen West- und Osteuropa klar.
In Osteuropa hat es, nach dem Muster der Sowjetunion, eine Abfolge von Enteignungen von seinerzeit so gennannten Großgrundbesitzern (meist zwischen 100 und 500 ha) und der Verfolgung ihrer Familien, die Verfolgung von „Großbauern“ (20 – 100 ha), und die Zwangskollektivierung der gesamten Landwirtschaft gegeben. Folge war die Vernichtung der Familienbetriebe und des gesamten Bauernstandes (Beleites, 2012). Die landwirtschaftlichen Nutzflächen wurden auf große Betriebe konzentriert und es war erklärte Politik die Agrarwirtschaft zu industrialisieren. Diese Strukturen wurden nach dem Umbruch, der Auflösung des COMECON 1989/90, teilweise konserviert. Das gilt auch für die ehemalige DDR, die schon 1990 in der vereinigten Bundesrepublik aufgegangen ist. Gleichzeitig blieben die ehemaligen DDR-Agrarnomenklaturkader im Wesentlichen an den Schalthebeln der Macht und dies mit aktiver Unterstützung westdeutscher Agrarfunktionäre und Politiker. Allerdings beschreibt der Begriff „Konservierung der Agrarstrukturen“ nicht ausreichend die Transformationen; die Bildung von Großgrundbesitz und die Industrialisierung der Landwirtschaft wurden nach 1990 agrarpolitisch aktiv betrieben. Martins und Tossdorff (2011) beschreiben die Sachverhalte nicht angemessen. Sie sprechen von einer Vererbung der kooperativen Landwirtschaftsbetriebe auf die heutigen Agrarstrukturen („… here the structure of the agricultural holdings is related to the particular ownership structure made up of large-scale cooperate farms inherited from former state-owned cooperatives”). An der Aussage von Martins und Tossdorff, die die agrarstrukturelle Transformation in den ehemaligen COMECON-Ländern verständlich machen soll, ist nahezu nichts mehr sachgerecht. Zum einen sind die großen Betriebe heute sicher nicht mehr in ihrer überwiegenden Mehrheit kooperative Betriebe, zum anderen waren zu realsozialistischen Zeiten die kooperativen Betriebe nicht zwangsläufig Staatsbetriebe. Und es ist auch nicht zwangsläufig so, daß die Gewalt der Enteignungen, die zur Verstaatlichung von landwirtschaftlichen Nutzflächen vor 1990 geführt haben, nach 1990 unumkehrbar war. Es hätten, zumindest teilweise, die alten Bewirtschafterfamilien wieder in ihre Eigentumsrechte eingesetzt werden können. Daß dies nicht erfolgte, war kein Naturgesetz, sondern eine bewusste politische Entscheidung, vermutlich in den allermeisten Fällen auch nach 1990 den realsozialistischen Agrarkadern zum Nutzen gefällt. Mit Vererben (inherited), wie Martins und Tossdorff (2011) meinen, hat dies nichts zu tun. Die sozialistischen Agrarkader behielten offenbar in den meisten osteuropäischen Ländern auch nach 1990 die Macht auf dem Land. Für die ehemalige DDR/Ostdeutschland wurde dies mehrfach gezeigt (Bastian, 2003; Gerke, 2008; 2012; Beleites, 2012).
In Rumänien, einem Land mit 3,9 Millionen Betrieben und einer mittleren, betrieblichen Bewirtschaftungsfläche von weniger als 4 ha, bewirtschaften rund 3,4 Millionen Betriebe weniger als 5 ha und teilen sich dabei 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche, während 39.000 große Betriebe über 100 ha, also ein Prozent der Betriebe allein 50 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschaften. Der Ausschluss dieser mehr als 3 Millionen Klein-, Kleinst- oder Subsistenzbetriebe aus einer umfangreicheren Flächenverteilung und die konzentrierte Etablierung von Großgrundbesitz kann beispielsweise in Rumänien, aber nicht allein dort, nur mit einem großen Maß an Repression gegen die überwiegende Mehrheit der Landbevölkerung auch nach 1990 erklärt werden. Die Repressionen gegen die Landbevölkerung gingen also auch nach 1990 weiter. Die ex-sozialistischen Agrarkader haben die Landflächen vielfach preiswert zur Pacht oder zum Kauf, teilweise nahe dem Nulltarif, zur Bewirtschaftung erhalten. Klein- oder Kleinstbetriebe haben dann vielfach Rand- oder Extensivflächen erhalten, auf die die Großbetriebe verzichten konnten. In Ländern wie Ungarn oder Rumänien wurden eine Reihe dieser Großbetriebe, wie auch in Ostdeutschland, mittlerweile an externe Investoren veräußert oder langfristig verpachtet. Für dieses „Landgrabbing“ muß ein Beobachter nicht nach Afrika oder Südamerika reisen, es kann in Ostdeutschland, Rumänien oder Ungarn besichtigt werden. Die Ursachen von Landgrabbing in Osteuropa sind dieselben wie in den Ländern der Dritten Welt; fragwürdige Eigentumsstrukturen, eine korrumpierte Politik und Verwaltung, die den Agrarkadern bzw. der Gruppe der Latifundienbesitzer zuarbeitet und Skrupellosigkeit beim Ausverkauf des eigenen Landes.
Damit sind in den Ex-Comecon Staaten neofeudale Agrarstrukturen entstanden. Der Unterschied zu alten Feudalstrukturen vor 1945 besteht vor allem darin, daß die heutigen Strukturen den alten Großgrundbesitz um ein mehrfaches übertreffen.
Aktiv gefördert wird dieser neue Grundbesitz aber nicht nur durch die Bodenpolitik in den einzelnen Ländern. Seit 1994, also seit mittlerweile 20 Jahren, werden die Agrarbeihilfen der EU in Höhe von rund 55 Milliarden € jährlich, rund 45 Prozent des EU-Haushaltes, im Wesentlichen an die Betriebe nach ihrer Größe ausgezahlt. Ein Beihilfesystem, das ursprünglich dazu gedacht war die landwirtschaftlichen Einkommen auf das Niveau der anderen Sektoren anzuheben, ist zu einer Subventionierung von Großgrundbesitz geworden. Reformversuche der EU-Agrarkommissare Fischler, 2002, und Fischer-Boel 2007, die eine Obergrenze für die einzelbetrieblichen Subventionen einziehen wollten, hätten den ostdeutschen Großgrundbesitz getroffen. Sowohl Fischler, als auch Fischer-Boel haben betont, daß dieser Teil ihrer Reformvorschläge an der deutschen Lobby für die 1.200 – 1.500 Großbetrieben Ostdeutschlands gescheitert ist. Großbritannien beispielsweise wollte damals der Kappung zustimmen, obwohl dort rund 600 – 700 Betreibe betroffen gewesen wären.
Mittlerweile ist dieses System der EU-Agrarbeihilfen bis 2020 verlängert worden, sicher auch mithilfe des Lobbyeinflusses der Großgrundbesitzerlobby in den neuen osteuropäischen Beitrittsländern.
Es hat im Jahr 2013 keine EU-Agrarreform zugunsten bäuerlicher Betriebe gegeben, auch wenn dies CDU/CSU-, SPD- oder Grüne- Landwirtschaftsminister behauptet haben. Es hat auch keine Reform hin zu einer ökologisch verträglicheren Landwirtschaft gegeben. Es bleibt im Wesentlichen beim Alten; ökologischer und sozioökonomischer Reformbedarf in der Landwirtschaft wird ignoriert und es wird wahrheitswidrig behauptet, daß wichtige Reformen eingeleitet worden seien. Tatsächlich gibt es seit 20 Jahren einen Stillstand in der EU-Agrarpolitik.
Was ist an den jetzigen EU-Agrarbeihilfen so falsch? Ein industrialisierter großer Marktfruchtbetrieb in Ostdeutschland mit einer Arbeitskraft auf 400 ha, erhält jährlich rund 120.000 € umgerechnet auf diese Arbeitskraft aus Brüssel, während in bäuerlichen Betrieben die Agrarsubventionen je Arbeitskraft im Mittel weit unter 10.000 € liegen.
Mit der agrarstrukturellen Vorgeschichte in Osteuropa und in der DDR/Ostdeutschland, sowie mit der bauernverdrängenden Bodenpolitik nach 1990 in diesen Ländern wird dieses EU-Agrarsubventionssystem zu einem Instrument, die bäuerliche Landwirtschaft auch in den westlichen Ländern der EU zurückzudrängen. Deswegen hat Michael Beleites, ehemaliger DDR-Bürgerrechtler, Kenner der osteuropäischen Agrarstrukturen und Autor des Buches „Leitbild Schweiz oder Kasachstan?“ vor kurzem die Forderung erhoben, die EU-Agrarbeihilfe, aufgrund ihrer negativen Auswirkungen auf die bäuerliche Landwirtschaft, ganz zu streichen.
Für die Länder des ehemaligen COMECON einschließlich Ostdeutschlands ist der aus dem neuen Großgrundbesitz sich ergebende Prozess der Neofeudalisierung und Agrarindustrialisierung der ländlichen Regionen nur noch mit großem Aufwand umzukehren. Es gibt auch dazu bisher keine politischen Anstrengungen.
In Westeuropa gibt im Gegensatz dazu bis heute eine breite Eigentumsstreuung. Dazu kommt ein weiterer Aspekt, der West- und Osteuropa in Bezug auf Großgrundbesitz noch weiter trennt. In Westeuropa gibt es viele Familienbetriebe, die in den letzten Jahrzehnten den Betrieb aufgegeben haben. Die zugehörigen Flächen wurden häufig aber nicht verkauft, sondern verpachtet, die breite Eigentumsstreuung bleibt bestehen.
Dagegen zeigt das Beispiel Ostdeutschlands, stellvertretend für die Ex- COMECON-Länder, daß die aktive Agrarpolitik zur Schaffung von Großgrundbesitz neue Eigentumsstrukturen zur Folge hat. Sind zunächstdie ehemaligen DDR-Agrarnomenklaturkader Besitzer der Flächen geworden, so werden die Großbetriebe in der Folge an externe Investoren in einem solchen Umfang verkauft, daß Großkonzernstrukturen mit mehr als 20.000 ha, ja sogar 30.000 ha entstehen. Die Monopolstellung beim landwirtschaftlichen Besitz durch Wenige in ganzen Regionen Ostdeutschlands lässt agrarpolitische Neuorientierungen ins Leere laufen; diese sind fast nicht mehr möglich. Das gilt auch für Länder wie Rumänien, Ungarn oder die Tschechische Republik.
Literatur:
Bastian, Uwe (2003): Sozialökonomische Transformationen im ländlichen Raum der neuen Bundesländer. Dissertation, Freie Universität Berlin.
Beleites, Michael (2012): Leitbild Schweiz oder Kasachstan?. Hamm.
Gerke, Jörg (2008): Nehmt und euch wird gegeben. Das ostdeutsche Agrarkartell. Hamm.
Gerke, Jörg (2012): Ostdeutsche Bodenpolitik nach 1990. Das Zusammenspiel von Politik, Justiz und Verwaltung. Hamm.
Klüter, Helmut (2012): Leitbild für die Ländlichen Räume im Nordosten Deutschlands: Ausbreitung der Agrarindustrie oder Garten der Metropolen. In: Jörg Kröger (Hrg.): Agrarindustrie oder Garten der Metropolen. Schwerin
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