Die taz hat in ihrem Titelbeitrag („Die Saat ist aufgegangen“) vom 31.5. 2014 etwas vollbracht, was andere überregionale Tageszeitungen und Magazine seit 15 Jahren nicht mehr thematisieren, eine kritische Berichterstattung über die ostdeutsche Landwirtschaft und die wesentlichen Subventionsstrukturen, die diese Landwirtschaft erst möglich machen. Der Journalist der taz, Kai Schlieter, hat zu diesem Thema umfassend recherchiert und geschrieben. Deswegen stellt er auch die ostdeutsche Bodenpolitik nach 1990 in den Mittelpunkt, den Umgang der öffentlichen Hand, Bund und ostdeutsche Bundesländer, mit den umfangreichen landwirtschaftlichen Nutzflächen. Dabei gelingt es in dem Beitrag, ein umfassendes Bild zu geben von einer Agrarstruktur in Ostdeutschland 25 Jahre nach der Wende, die bezüglich Boden- und Eigentumskonzentration in der Hand Weniger die ostelbischen Strukturen vor 1945 weit übertrifft. Man kann dabei mit dem Greifswalder Geographen Helmut Klüter von „Neofeudalen Strukturen“ sprechen. Waren 1945 weniger als 100 Betriebe größer als 1000 ha, so sind es heute in Ostdeutschland mehr als 1500 Betriebe. Diese bewirtschaften beispielsweise in Brandenburg mehr als 50 %, in Mecklenburg-Vorpommern mehr als 40% der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Und dies nicht deswegen, weil sich große Betriebe am Bodenmarkt gegen bäuerliche Betriebe durchgesetzt hätten, sondern weil die Betriebe über 500 ha und vor allem diejenigen mit über 1000 ha die landwirtschaftlichen Flächen des Bundes und der ostdeutschen Bundesländer bevorzugt und teilweise nahe dem Nulltarif erhalten haben. Dies und die Konsequenzen daraus beschreibt der taz- Beitrag, um den es, nach der Veröffentlichung merkwürdig ruhig ist. In den konservativen Leitmedien FAZ und Welt sucht man seit langem vergebens nach einer kritischen Analyse der ostdeutschen Agrarstrukturen, die sich ja zu einem wesentlichen Anteil als Resultat der DDR-Landwirtschaft darstellen. Gefeiert wurde in der Vergangenheit mehrfach eine vorgeblich wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die aber nur durch hohe permanente Subventionen aufrechterhalten wird. EU-Agrarbeihilfen, Subventionen für die ostdeutsche Bodenpolitik, deren Profiteure nur eine kleine Gruppe sind, Subventionen beim Erlass von Altschulden für LPG- Nachfolger oder der Schutz der LPG- Nachfolgebetriebe gegen die berechtigten Ansprüche von rund 700.000 nach der Wende ausgeschiedenen LPG-Mitgliedern, all dies eine Umverteilung von Geldern auf wenige Profiteure. Und schließlich werden dem Steuerzahler auf nicht absehbare Zeit noch zusätzlich die Kosten der Dauersubventionierung der Infrastruktur der ländlichen Regionen Ostdeutschlands aufgeladen, die mittlerweile durch die EU mit einer Reihe von Landkreisen unter 40 Einwohner /km2 dort als entvölkert klassifiziert wird. In einem Gastbeitrag des Rechtsanwaltes Dr. Johannes Wasmuth (17.4. 2014) wurde die Bodenreform in der SBZ richtigerweise als verdrängten Terror dargestellt, der in der vereinigten Bundesrepublik nicht zur Rehabilitierung der Opfer geführt hat. Daß diese fehlende juristische Aufarbeitung dieses Terrors auch wesentlich an einer Agrarlobby scheitert, die bis heute in Ostdeutschland von den durch Repression enteigneten Flächen profitiert, zu dieser Darstellung hat die FAZ nicht mehr die Kraft. Ähnliches gilt für die „Welt“. Dies macht den Beitrag in der taz umso wichtiger.
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